Eisen von der Eisernhardt
Frühzeit und Mittelalter (200 v. Chr. – 16. Jahrhundert)
Wie vielerorts im Siegerland wurde in Eisern bereits für die späte Latènezeit (ca. 150 v. Chr. – 0) eine Eisenverhüttung nachgewiesen. Auch für die sog. Waldschmiedezeit (ca. 11.–14. Jahrhundert) sind Hüttenplätze in Eisern belegt.
Spätestens im 14. Jahrhundert, ermöglicht durch die zunehmende Nutzung der Wasserkraft, entstanden in den Tälern die Blashütten. Eine davon war die Eiserner Hütte. Bei den Blashütten handelte es sich um frühe Hochöfen, in die mittels
eines Blasebalgs Luft eingeblasen wurde, um den Verhüttungsprozess zu unterstützen. In einer frühen urkundlichen Erwähnung von 1417 ist von „4 Blashütten up der Isern“ die Rede. Irgendwann wurden die zuvor in Eisern verstreut gelegenen
Eisenverhüttungsstätten auf dem vor Ihnen liegenden Gelände zusammengefasst. Im Zuge dieser Zusammenfassung könnte das Privileg entstanden sein, dass die Eiserner Hütte als einzige im Siegerland drei Ofenreisen (die Dauer vom Anheizen
bis zum Ende des Schmelzprozesses) im Jahr absolvieren durfte. Eine Ofenreise umfasste zunächst 48 Tage, ab 1780 dann 60 Tage. In Eisern produzierten die Blashütten also insgesamt 180 Tage im Jahr. Die Einhaltung der Hüttenzeit wurde
streng überwacht und war den technischen Möglichkeiten, vor allem aber der Holzkohleknappheit, geschuldet.
Die Zeit der Massenbläser (14. – 19. Jahrhundert)
Die Betreiber der Blashütten waren in der Zunft der Massenbläser zusammengeschlossen. Massenbläser ist dabei eine ältere Bezeichnung für Hochöfner. Die Blashütte gehörte den Gewerken des Dorfes gemeinsam. Durch die von den Nassauer
Fürsten erlassenen Zunftbriefe war eine genossenschaftliche Monopolwirtschaft vorgegeben, nach der jeder Gewerke sein eigener Unternehmer war. Er musste sein Erz und seine Holzkohle selbst beschaffen und durfte das Eisen, das er
in der ihm zustehenden Hüttenzeit erzeugte, selbstständig verkaufen. Anfangs bedeutete das, dass man selbst sein Erz aus den Gruben der Eisernhardt, eines nördlich des Ortes gelegenen Berges, schürfen musste. So entstanden auf der
Eisernhardt spätestens mit dem 14. Jahrhundert viele kleine Grubenfelder, in denen die verschiedenen Familien ihren Eisenstein im Tagebau gewannen. Zunehmend gingen die Gewerken nicht mehr selbst den Arbeiten im Bergbau nach, sondern
ließen diese durch Bedienstete erledigen. Aber immer noch bestimmte der kleinteilige Besitz von Bergrechten das Geschehen. Um 1840 waren in Eisern etwa 400 Einwohner und 229 verschiedene Grubenfelder verzeichnet.
Dieses Foto stammt etwa aus dem Jahr 1885. Im Hintergrund sind die noch unbedeutenden Tagesanlagen des Eisernhardter Tiefbaus zu erkennen. Quelle: Archiv Jochen Grisse
Wirtschaftliche und politische Veränderungen 19. Jahrhundert
Die 1815 erfolgte Eingliederung des Siegerlands in Preußen bedingte für das eisenschaffende Gewerbe grundlegende Veränderungen. An die Stelle der Monopolwirtschaft der Nassauerzeit traten nun freie kapitalistische Märkte, mit denen
sich das genossenschaftlich organisierte Siegerland zunächst schwertat. Die Hüttenzeit war nicht mehr eingeschränkt und dem unternehmerischen Ehrgeiz des Einzelnen waren keine Grenzen mehr gesetzt. Während die Eiserner Hütte noch
bis 1875 von den Gewerken genossenschaftlich betrieben wurde, setzte im Bergbau bereits um 1850 eine Konsolidierungswelle ein. Die vielen kleinen Gruben wurden zunehmend zu größeren Betrieben zusammengeschlossen. Hintergrund war,
dass nur große Verbundgruben den aufwendigen und teuren Tiefbau, bei dem das Erz aus großen „Teufen“ unterhalb der Talsohle gewonnen wurde, finanzieren konnten. Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Eisern nur noch zwei Verbundgruben:
den Eisernhardter Tiefbau und die Grube Eiserner Union.
1861 – und damit relativ spät – wurde das Siegerland an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war andernorts die Industrialisierung bereits in vollem Gang. Mit der Eisern-Siegener Eisenbahn erreichten 1883 erstmals moderne Transportmittel das enge Eiserntal. Die Hütte wurde im Jahr 1892 vollständig modernisiert, 1895 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und erlebte noch einige wirtschaftlich erfolgreiche Jahre. 1906 wurde der Hochofen noch einmal vollständig erneuert. Die Produktion des Hochofens lag in den 1920er Jahren bei ca. 24.000 Tonnen Roheisen im Jahr bei etwa 55 Beschäftigten. Im Jahr 1911 wurden sowohl die Eiserner Hütte als auch der Eisernhardter Tiefbau an die im Nachbarort Niederschelden ansässige Charlottenhütte verkauft.
Stilllegung von Hütte und Tiefbau (1920–1956)
Der Erste Weltkrieg (1914–1918) und die 1920er Jahre brachten der Montanindustrie im Eiserntal schwere Zeiten. Das Eigentum an Hütte und Grube ging 1926 an die in Düsseldorf ansässigen Vereinten Stahlwerke (VESTAG) über, die zunächst
die Stilllegung der Hütte verfügten. Bis auf die Maschinenhalle wurden alle Anlagenteile abgerissen.
Das manganreiche Erz aus der Eisernhardt fand jedoch weiterhin Abnehmer. Daher wurde das Gelände für die Grube weitergenutzt und diese sogar weiter ausgebaut, bis sie schließlich eine Gesamtteufe von 880 m erreichte. Auch während der Kriegsjahre wurde die Produktion aufrechterhalten. In den frühen 1950er Jahren betrug die Förderung der Verbundgrube 125.000 Tonnen im Jahr. Die Belegschaft umfasste 500 Köpfe. 1953 erfolgte die Angliederung an die Erzbergbau Siegerland AG. Eine umfassende Prüfung der Rentabilität fiel negativ aus, und so wurde die Grube am 30. Juni 1957 stillgelegt.
Dieses Foto zeigt die Tagesanlagen des Eisernhardter Tiefbaus kurz vor der Stilllegung 1957.